Bevor wir anfangen zu schneiden, benötigen wir das richtige und passende Werkzeug. Es sollte immer gut gepflegt und scharf für den Schnitt sein. Stumpfe und quetschende Scheren verursachen unsaubere Schnittwunden. Der Baum kann diese Wunden nur ungenügend schließen und so einer möglichen Pilzinfektion nicht vorbeugen. Ist die Kraft der eigenen Hand zu gering für einen Obstgehölzschnitt kann man eine Akkuschere in Betracht ziehen.
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Zum Beitrag des VerfassersSchnittfehler an Obstgehölzen – Kennen und verstehen lernen

Möglichst oben beginnen
Es sollte möglichst oben in der Krone mit dem Schnitt begonnen werden. In der Krone sollte ein guter Haupttrieb herausgesucht werden, der die Krone übernehmen soll. Achtung: Nicht den Fehler machen, alle Triebe auf eine Länge einzukürzen wie beim Heckenschnitt. Dann bekommt man eine zu dichte Krone bei der Luft und Licht nicht in den Baum hineinreichen. Bei gleich starken Trieben im Baum, Konkurrenztriebe genannt, entscheidet man sich immer für einen Trieb und den anderen Trieb schneidet man bis zum Ansatz weg. Sonst wird auch hier der Baum bzw. der Trieb im Ansatz zu dicht.
Von der Krone zu den Etagenästen
Von der Krone arbeitet man sich zu den darunter befindlichen Etagenästen. Diese Äste geben die Struktur des Baumes wieder. Der häufigste Fehler ist, dass hier zu wenig Äste herausgenommen werden. Orientieren Sie sich an den Abständen der Äste. Empfehlung: Die Etagenäste sollten einen Abstand von mindestens ca. 30 cm zueinander aufweisen. Schnittstelle: Der Schnitt eines Triebes sollte ca. 5 mm bis 1 cm über dem Auge bzw. Knospe erfolgen, ohne dass noch ein Stummel oder ein sogenannter Huthaken stehen bleibt. Außerdem: Grundsätzlich sollten diese Augen und Knospen nach außen gerichtet sein, so dass neue Triebe nach außen wachsen können. Eine Verschattung im inneren der Krone wird somit vermieden. Der Schnitt sollte leicht schräg ausgeführt werden, so dass sich hier kein Wasser ansammeln kann.
Wenn eine Krone richtig aufgebaut ist, ist es im Normalfall nicht mehr notwendig, starke Äste zu entfernen.
Was passiert, wenn ich jährlich alle Triebe zurückschneide?
Wie oben beschrieben, erhält man im oberen, wachstumsgeförderten Bereich durch die Vielzahl der neu austreibenden Triebe, die sogenannten Wasserschosser, eine zu dichte Krone. Im Inneren kommt es durch Lichtmangel zu Verkahlungen. Der Baum gerät aus seinem physiologischen Gleichgewicht und wird kaum Früchte bilden.
Starktriebige Bäume, die falsch geschnitten wurden, können durch richtige Nachbehandlung wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Man lichtet achtsam aus und schneidet dabei nicht zurück, sondern entfernt einzelne Äste direkt an der Basis. Der Zeitpunkt für diese Maßnahme: Sommerschnitt im August, weil wir hier im belaubten Zustand eine Wuchshemmung erzielen können.
Häufigkeit des Schneidens
Kernobst wie bei Apfel und Birne sollte nicht jedes Jahr geschnitten werden, sondern nur ca. alle 3-4 Jahre. Bei Steinobst wie Pfirsich und Kirsche sollte es bereits nach der Ernte oder ein Jahr später geschnitten werden. Wird ein Obstgehölz nach langer Zeit mal wieder geschnitten muss im nächsten Jahr erneut ein Auslichtungsschnitt erfolgen.
Schnittvorführungen öfters mitmachen
Praktisches Wissen am besten wiederholt bei Vorführungen aneignen. An verschiedenen Orten ist es immer wieder spannend, weil jedes Obstgehölz anders aussieht und eine unterschiedliche Vorgeschichte besitzt.
Eine Einheitsschablone für den Schnitt gibt es daher nicht, es ist und bleibt ein gärtnerisches Handwerk.
Sven Wachtmann, Gartenexperte für den Landesverband, 10/2025
Foto: Sven Wachtmann


